Alltagswege können nur mit dem Auto bewältigt werden – Folgen einer verkehrserregenden Raumplanung.

Die Raumordnung hat sehr großen Einfluss auf die Verkehrsentwicklung, wie eine aktuelle VCÖ-Studie zeigt.  Die Zersiedelung, der Boom von Einkaufszentren und Betriebsansiedlungen abseits von Schienennetzen verursachen viel Auto- und Lkw-Verkehr. Zudem wird dadurch viel Land verbaut. Die VCÖ-Studie zeigt, dass die in Österreich von Siedlungen und Verkehr beanspruchte Fläche bereits größer ist als das Burgenland. Der VCÖ fordert die Förderung von Verkehrssparhäusern, um die Zersiedelung zu stoppen.

Österreich ist massiv zersiedelt – und das hat sehr viel Verkehr zur Folge, wie die aktuelle VCÖ-Studie „Einfluss der Raumordnung auf die Verkehrsentwicklung“ zeigt. „Viele der heutigen Verkehrsprobleme sind die Folge der mangelnden Abstimmung von Verkehrs- und Siedlungspolitik“, betont VCÖ-Expertin DI Bettina Urbanek.

Die VCÖ-Studie zeigt, dass die Bevölkerung im „Grüngürtel“ um die Ballungsräume mit plus 13 Prozent seit dem Jahr 1991 doppelt so stark gewachsen ist wie im Österreich-Durchschnitt. Viele Menschen sind aus der Stadt  – wo weiterhin ihr Arbeitsplatz ist – ins Grüne gezogen. Vor allem deshalb ist die Anzahl der Pendlerinnen und Pendler seit dem Jahr 1991 um 31 Prozent auf mehr als 1,9 Millionen gestiegen. Der VCÖ weist darauf hin, dass sich der durchschnittliche Arbeitsweg in den letzten 30 Jahren auf rund 20 Kilometer mehr als verdoppelt hat.

Weiteres Ergebnis der VCÖ-Studie: Bau- und Verkehrsflächen in Österreich beanspruchen bereits 4.321 Quadratkilometer – das ist mehr als die gesamte Fläche des Burgenlandes! Allein der Bauflächenverbrauch in Österreich beträgt 676 Quadratmeter pro Haushalt. „Die Erschließung neuer Siedlungen und Industriegebieten abseits der Zentren mit Straßen verbraucht zusätzliche Flächen. Im Zeitraum zwischen 1999 und 2004 nahmen die Verkehrsflächen im Durchschnitt um 5,3 Hektar pro Tag zu. Das entspricht der Fläche von sieben Fußballfeldern“, verdeutlicht VCÖ-Expertin Urbanek.

In stark zersiedelten Regionen sind die Menschen aufs Auto angewiesen, denn dünn besiedelte Regionen sind schwierig mit Öffentlichem Verkehr zu versorgen. Deutlich wird dies am Beispiel Burgenland, wo 76 Prozent aller Haushalte in Einfamilienhäusern leben (Österreich-Durchschnitt 37 Prozent). Burgenland hat mit 581 Pkw pro 1.000 Einwohner die meisten Autos (Österreich-Durchschnitt 509 Pkw pro 1.000 Einwohner).

Die VCÖ-Studie zeigt auch, dass wirklich energiesparend Bauen vor allem verkehrsparend bauen heißt. Ein Durchschnitts-Haushalt ohne Auto in einem „normalen“ Haus hat einen niedrigeren Energieverbrauch als ein Energiesparhaus mit Auto im Haushalt! Der VCÖ fordert daher, dass die Entfernung zur nächsten Haltestelle des Öffentlichen Verkehrs in der Wohnbauförderung berücksichtigt wird.

Neben der Zersiedelung ist auch der Boom an Einkaufszentren am Stadtrand ein großer Verkehrserreger. Allein die Shopping City Süd verursacht  pro Jahr rund 300 Millionen Autokilometer. Die VCÖ-Studie zeigt, dass es in Österreich rund 410.000 Parkplätze bei Einkaufszentren und Geschäften gibt. In Summe machen in Österreich die Autofahrten von und zu diesen Parkplätzen 5,4 Milliarden Kilometer aus. Allein diese Autofahrten verursachen mehr als 860.000 Tonnen CO2.

Gleichzeitig stirbt die fußläufige Nahversorgung. Seit dem Jahr 1980 ist die Zahl der Lebensmittelgeschäfte in Österreich von 27.000 auf weniger als 16.300 Geschäfte gesunken. „Jede vierte Gemeinde in der Steiermark hat kein Lebensmittelgeschäft. Konnten früher die Menschen einkaufen gehen, erledigen heute viele ihre Einkäufe mit dem Auto„, macht VCÖ-Expertin Urbanek auf die Folgen aufmerksam.

In den Niederlanden wurde das so genannte ABC-Konzept für eine verkehrsparende Raumordnung entworfen: Geschäfte und Bürogebäude werden vor allem in A-Zonen angesiedelt, das sind Gebiete um Knotenpunkte des Öffentlichen Verkehrs. Dieses Konzept empfiehlt die VCÖ-Studie auch für Österreich. Der VCÖ fordert, dass die Raumordnung endlich stärker berücksichtigt wird. Die VCÖ-Studie zeigt, dass bereits im Jahr 2012 durch Raumordnungsmaßnahmen eine Verringerung der CO2-Emissionen des Verkehrs um 580.000 Tonnen erreichbar sind. „Im Rahmen der Finanzausgleichsverhandlungen können Anreize für eine verkehrsparende Raumordnung gesetzt werden“, betont VCÖ-Expertin Urbanek.

Durch Raumordnung sind 2,7 Milliarden Pkw-Kilometer vermeidbar
(Wirkung der Maßnahmen im Jahr 2012):

  • Verkehrsvermeidung durch Raumordnungsmaßnahmen: 2,7 Milliarden Kilometer
  • Vermeidbare CO2-Emissionen: 580.000 Tonnen
  • Vermeidbare externe Kosten: 750 Millionen Euro

Verkehrsparhäuser haben geringsten Energieverbrauch
(jährlicher Energieverbrauch in Gigajoule – jeweils Einfamilienhaus)

  • Energiesparhaus ohne Pkw: 63
  • Normales Haus ohne Pkw: 99
  • Energiesparhaus mit Pkw: 109
  • Normales Haus mit Pkw: 145

Einkaufszentren sind große Verkehrserreger
(Millionen Autokilometer pro Jahr)

  • Shopping-City-Süd: 300 Millionen Pkw-Kilometer pro Jahr
  • Europark Salzburg: 126 Millionen Pkw-Kilometer
  • Einkaufszentrum Seiersberg: 99 Millionen Pkw-Kilometer
  • Plus City Linz: 97 Millionen Pkw-Kilometer
  • DEZ Innsbruck: 59 Millionen Pkw-Kilometer
  • Outlet-Center Parndorf: 55 Millionen Pkw-Kilometer
  • Messepark Dornbirn: 39 Millionen Pkw-Kilometer
  • Südpark Klagenfurt: 33 Millionen Pkw-Kilometer
Quelle: VCÖ 2007
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