„Bio“-Treibstoffe – die falschen Versprechen

„Bio“-Treibstoffe sind keinesfalls „bio“, dass hat sich bereits herumgesprochen. Aber sie sollen gut fürs Klima sein?

Bei genauer Betrachtung verblassen die oft zitierten Vorteile von Agrar-Treibstoffen fast völlig. Bei Einrechnung der gesamten Prozesskette reduziert sich die Energie und CO2 Einsparung dramatisch.
Dünger, Methan und Lachgas bei der Produktion verursacht potente Treibhausgase, die die Einsparung komplett zu Nichte machen können. Einzig die Verwertung von organischen Reststoffen oder Abfällen – wie Altspeisefette oder Tierexkremente– stellt eine ökologisch sinnvolle Variante zur Treibstoffgewinnung dar. Die Menge ist aber naturgemäß stark begrenzt.

Ein Umstieg auf Agrartreibstoffe zum Befriedigen des heutigen Bedarfs würde ein Vielfaches der in den Industriestaaten verfügbaren Flächen beanspruchen, also wieder auf Kosten der Armen und Hungrigen erfolgen.

Bedeutsam für die Beurteilung sind auch ökologische Bedrohungen (z.B. Gentechnik, Verlust an Biodiversität) und soziale Faktoren (Nord-Süd-Problematik), die eine Verwendung selbst energetisch effizienter Rohstoffe fraglich machen.
Schließlich offenbart eine Footprint-Berechnung, dass Agro-Treibstoffe den Flächenbedarf insgesamt erhöhnen.

Die direkte Umwandlung von Biomasse in flüssige Treibstoffe (sogenannten BTL „Biomass-to-liquid“-Verfahren) könnte auch ganze Pflanzen und Holz nutzen.  Das verspricht zwar etwas bessere Wirkungsgrade, muss aber in allen anderen Kritikpunkten gleich kritisch Betrachtet werden. Selbst bei optimierter Produktion bliebe die Menge an verfügbaren Rohstoffen um Grössenordnungen unter dem momentanen Bedarf an Öl. 

Auch nach Einschätzung der OECD können Agrartreibstoffe zum derzeitigem Treibstoffverbrauch nur marginale Beiträge leisten. Zieht man den Anstieg der Nachfrage in den Schwellenländern wie China und Indien in Betracht, dann führt an einer dramatischen Senkung des Treibstoffbedarfes der Industrieländer kein Weg vorbei!

Die Verwendung von Biomasse im Energiesektor bleibt trotzdem von hoher Bedeutung. In stationären Anlagen zur Gewinnung von Strom und Wärme eingesetzt, sind die Rohstoffe wesentlich effizienter genutzt. Eine Verwendung für Treibstoffe bleibt dort sinnvoll, wo die spezifischen Eigenschaften (lokal, ungiftig) von maximalen Nutzen sind, etwa für die landwirtschaftliche Selbstversorgung oder in Wasserschutzgebieten. Diese Mengen sind auch nachhaltig bereitzustellen.
Langfristig wird ein Umstieg auf Elektrizität aus erneuerbaren Quellen den bei weitem größten Effizienzgewinn in der Mobilität bringen. Für eine großtechnische
Umsetzung im KFZ Bereich gilt es die Herausforderungen im Bereich Stromspeicherung zu überwinden.

Eine grundsätzliche Wende in der Verkehrs-Gestaltung ist nicht durch „neue“ Treibstoffe zu ersetzen. Zukunftsfähige Mobilität wird Veränderungen in Politik, Wirtschaft und dem persönlichen Verhalten erfordern.

Die aktuelle Studie „Positionen zu Treibstoffen aus erneuerbaren Quellen“ (s. o.) erstellt von einer Arbeitsgruppe mit ExpertInnen heimischer Umwelt- und Entwicklungs-NGOs, kommt nach eingehender Analyse aller Faktoren zu dem Schluss, dass die Forcierung von Agrotreibstoffen unter den bestehenden technischen Möglichkeiten und globalen wirtschaftlichen Strukturen nicht im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung ist.
Mehr noch, unter den gegebenen Voraussetzungen sind negative Auswirkungen ökologischer UND sozialer Natur unvermeidbar.

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